Globale Investoren schichten ihr Kapital strategisch um und bevorzugen zunehmend Unternehmensanleihen gegenüber traditionellen Staatsanleihen. Dieser bedeutende Wandel wird durch divergierende fiskalische Entwicklungen und robuste Unternehmensleistungen angetrieben. Er spiegelt eine sich entwickelnde Wahrnehmung von Risiko- und Ertragsdynamiken an den Rentenmärkten wider und stellt die langjährige Ansicht, dass Staatsanleihen die unbestreitbar sichersten Anlagen sind, in Frage.
- Kapitalallokation verschiebt sich global von Staats- zu Unternehmensanleihen.
- Anhaltende US-Haushaltsdefizite und steigende Zinskosten sind wesentliche Treiber.
- Im Mai wurde die US-Kreditwürdigkeit von Moody’s von AAA auf Aa1 herabgestuft.
- Unternehmen in den USA und Europa zeigen bemerkenswerte finanzielle Resilienz.
- Es gab signifikante Zuflüsse in Unternehmensanleihen und Abflüsse aus US-Staatsanleihen.
- Trotz hoher Nachfrage zeigen sich einige institutionelle Investoren aufgrund enger Spreads vorsichtig.
Fiskalische Divergenzen als Treiber
Der Impuls für diese Neuausrichtung ist in den Vereinigten Staaten besonders ausgeprägt, wo anhaltende Haushaltsdefizite zunehmend Anlass zur Sorge geben. Politiken wie die Steuersenkungen von Präsident Donald Trump werden laut dem Congressional Budget Office voraussichtlich etwa 3,4 Billionen US-Dollar zum Bundesdefizit des kommenden Jahrzehnts hinzufügen.
Gleichzeitig steigen die Zinskosten erheblich. Bis 2035 könnten die Schuldendienstzahlungen potenziell 30 % der Staatseinnahmen verschlingen, ein starker Anstieg von nur 9 % vier Jahre zuvor. Dieser finanzielle Druck trug im Mai zur Entscheidung von Moody’s Ratings bei, die Kreditwürdigkeit der USA von AAA auf Aa1 herabzustufen, wobei ausdrücklich das wachsende Defizit und die damit verbundene Zinslast genannt wurden.
Stärke der Unternehmensbilanzen und Anlegerverhalten
Im Gegensatz zur zunehmenden Belastung der Staatsbilanzen haben Unternehmen in den USA und Europa eine bemerkenswerte finanzielle Widerstandsfähigkeit und starke Erträge gezeigt. Diese Unternehmensstabilithat hochwertige Unternehmensanleihen für Investoren erheblich attraktiver gemacht.
Belege für diesen Trend sind unter anderem ein gemeldeter Abzug von 3,9 Milliarden US-Dollar aus US-Staatsanleihen im Juni, während 10 Milliarden US-Dollar in hochwertige Unternehmensanleihen auf beiden Kontinenten flossen. Bis Juli verzeichneten allein US-Investment-Grade-Unternehmensanleihen zusätzliche Zuflüsse von 13 Milliarden US-Dollar, was laut Bloomberg-Daten die größte monatliche Akkumulation seit 2015 darstellt.
Engere Spreads und institutionelle Vorsicht
Trotz dieser robusten Nachfrage, die zu engen Bewertungen an den Unternehmensanleihemärkten führt, bewahren einige institutionelle Investoren eine vorsichtige Haltung. US-Investment-Grade-Unternehmensanleihe-Spreads blieben im Juli unter 80 Basispunkten und damit deutlich enger als ihr 10-Jahres-Durchschnitt von 120 Basispunkten. Ähnlich lagen die in Euro denominierten Investment-Grade-Spreads in Europa im Durchschnitt bei etwa 85 Basispunkten, weit unter dem jahrzehntelangen Durchschnitt von 123 Basispunkten, basierend auf Bloomberg-Indexdaten.
Während Unternehmen wie BlackRock Kredite generell bevorzugen, haben sie einen nuancierten Ansatz gewählt und kurzfristige Unternehmensanleihen aufgrund ihrer risikobereinigten Renditen gegenüber langfristigen High-Grade-Anleihen priorisiert. Andere Manager, wie Gershon Distenfeld von AllianceBernstein und Dominique Braeuninger von Schroders, haben Vorbehalte geäußert und die Spreads als zu eng erachtet, um ein weiteres signifikantes Kreditengagement zu rechtfertigen.
Ein Paradigmenwechsel am Rentenmarkt
Diese Neubewertung von Rentenwerten signalisiert einen fundamentalen Wandel der Marktstimmung. Obwohl die US-Regierung aufgrund ihrer Fähigkeit, Schulden in der eigenen Währung auszugeben, eine einzigartige Flexibilität behält, nimmt die einst eindeutig mit Staatsanleihen verbundene wahrgenommene Sicherheit für einen Teil der institutionellen Investoren ab. Jason Simpson, Senior Fixed Income Strategist bei State Street, fasste die vorherrschende Ansicht zusammen: „Was wir auf der fiskalischen Seite der Regierung gesehen haben, sind keine guten Nachrichten. Unternehmen scheinen gut voranzukommen“, was die aktuellen Marktdynamiken zusammenfasst, die diese bedeutende Kapitalumschichtung antreiben.

Markus ist unser Finanzprofi mit einem siebten Sinn für Zinsänderungen und Wirtschaftstrends. Wenn er nicht gerade durch Bilanzen stöbert oder die neuesten Börsennachrichten kommentiert, sucht er verzweifelt nach dem perfekten Cappuccino – vorzugsweise unter 2 Euro. Sein Motto: „Kaffee rein, Aktien rauf.“