US-Notenbank: Interne Spaltung bei Zinspolitik, Wirtschaft und politischem Druck

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By Tom Richter

Die Federal Reserve sieht sich, wie aus den Protokollen ihrer jüngsten Juni-Sitzung hervorgeht, mit einer bemerkenswerten internen Uneinigkeit hinsichtlich der künftigen Zinspolitik konfrontiert. Diese Spaltung erschwert geldpolitische Entscheidungen inmitten einer vielschichtigen Wirtschaftslage und anhaltendem politischem Druck, was auf eine Phase anhaltender Unsicherheit für die Finanzmärkte hindeutet.

  • Die Fed zeigt eine interne Uneinigkeit über den genauen Zeitpunkt und das Ausmaß künftiger Zinssenkungen.
  • Obwohl eine Mehrheit im FOMC Zinssenkungen im Jahr 2024 für angemessen hielt, variierten die Meinungen zum Zeitpunkt stark.
  • Präsident Trump drängt auf aggressive Zinssenkungen; die Fed bekräftigt ihre datengesteuerte Unabhängigkeit.
  • Die Wirtschaftsindikatoren sind gemischt: Robuster Arbeitsmarkt steht einer abnehmenden Konsumdynamik gegenüber.
  • Die Fed-Projektionen sehen zwei Zinssenkungen für 2025 vor, aber der „Dot Plot“ zeigt große Divergenzen.

Differenzen im Offenmarktausschuss

Innerhalb des Federal Open Market Committee (FOMC) bleibt ein klarer Konsens über die Notwendigkeit und den Zeitpunkt von Zinsanpassungen schwer fassbar. Obwohl eine Mehrheit Zinssenkungen in diesem Jahr für angemessen hielt, abhängig von anhaltender Disinflation, gingen die Meinungen über den genauen Zeitpunkt stark auseinander. Einige Vertreter plädierten für sofortige Senkungen, während andere bis ins Jahr 2025 keine Reduzierungen prognostizierten. Dies oft mit der Begründung, dass der aktuelle Leitzins bereits nahe einem neutralen Niveau liege, was nur geringfügige künftige Anpassungen rechtfertigen würde. Diese interne Divergenz unterstreicht die Komplexität, mit der sich die Zentralbank bei der Gestaltung ihrer Politik auseinandersetzt.

Politischer Druck und die Reaktion der Fed

Als eine wesentliche externe Dimension hat Präsident Donald Trump den Vorsitzenden Jerome Powell öffentlich zu aggressiven Zinssenkungen aufgefordert und sogar dessen Rücktritt wegen des Tempos der geldpolitischen Lockerung ins Spiel gebracht. Trotz dieses erheblichen politischen Drucks hat Vorsitzender Powell die Unabhängigkeit der Fed stets bekräftigt. Er wiederholte sein Bekenntnis zu datengesteuerten Entscheidungen gegenüber politischem Einfluss, anstatt politischen Forderungen nachzugeben. Diese Haltung ist entscheidend, um die Glaubwürdigkeit und Effektivität der Zentralbank zu wahren.

Ambivalente Wirtschaftsindikatoren

Wirtschaftsindikatoren zeichnen ein gemischtes Bild für die Beratungen der Zentralbank. Die Inflation stieg im Mai moderat um 0,1 % und verblieb damit über dem 2 %-Ziel der Fed, doch die öffentliche Besorgnis über steigende Preise scheint nachzulassen. Gleichzeitig zeigt sich der Arbeitsmarkt robust: Im Juni wurden 147.000 neue Arbeitsplätze geschaffen – über den Erwartungen – und die Arbeitslosenquote sank auf 4,1 %. Diese positiven Arbeitsmarktdaten kontrastieren jedoch mit Anzeichen einer Verlangsamung beim Konsum. So sanken die persönlichen Ausgaben im Mai um 0,1 % und die Einzelhandelsumsätze gingen um 0,9 % zurück. Diese widersprüchlichen Signale erschweren die Einschätzung der Gesamtlage und der künftigen geldpolitischen Erfordernisse.

Projektionen und die Herausforderung der Koordination

Mit Blick auf die Zukunft prognostizieren die Fed-Projektionen zwei Zinssenkungen im Jahr 2025, gefolgt von drei in den Folgejahren. Der begleitende „Dot Plot“, der die individuellen Zinsprognosen der FOMC-Mitglieder abbildet, zeigt jedoch eine erhebliche Streuung unter den politischen Entscheidungsträgern. Diese Dispersion spiegelt die anhaltende Herausforderung der Zentralbank wider, vielfältige Wirtschaftssignale und interne Perspektiven in einer kohärenten Geldpolitik auszugleichen. Die Volatilität dieser Prognosen trägt zur Unsicherheit an den Finanzmärkten bei, da Anleger versuchen, die wahrscheinliche Entwicklung der Zinspolitik zu antizipieren.

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