Autobauer wehren sich gegen Verbrenner-Aus 2035: Wirtschaft unter Druck

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By Tom Richter

Europas ehrgeizige Klimaagenda, insbesondere das Mandat zum Ausstieg aus neuen Verbrennungsmotoren bis 2035, stößt auf erheblichen Widerstand der führenden Automobilhersteller des Kontinents. Dieser Konflikt verdeutlicht eine wachsende Kluft zwischen politischen Vorgaben und den wirtschaftlichen Realitäten, mit denen eine für Europas industrielle Stärke zentrale Branche konfrontiert ist. Große Automobilhersteller stellen nun offen die Machbarkeit dieses Übergangs infrage und verweisen auf eine Vielzahl von Marktherausforderungen und Wettbewerbsdruck.

Schlüsselakteure wie Volkswagen, Mercedes-Benz und Stellantis haben ihre Lobbyarbeit gegen die Frist 2035 intensiviert. Volkswagen-CEO Oliver Blume betonte die Notwendigkeit von „Reality Checks“ und erklärte, dass die Erwartung von 100 % Elektrofahrzeugen bis 2035 „unrealistisch“ sei. Ähnlich äußerte Mercedes-Benz-CEO Ola Källenius gegenüber Bloomberg die dringende Notwendigkeit einer „Bestandsaufnahme dessen, was in der Politikgestaltung funktioniert hat und was angepasst werden muss“, während Stellantis-Manager Jean-Philippe Imparato die Frist schlichtweg als „nicht erreichbar“ bezeichnete.

Wirtschaftlicher Gegenwind und Wettbewerbsdruck

Der Widerstand der Branche wird durch mehrere kritische Faktoren angetrieben. Europas Automarkt stagniert, begleitet von einer ungleichmäßigen und teilweise schwankenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen. Diese interne Herausforderung wird durch die rasche Expansion chinesischer Wettbewerber, insbesondere BYD, verschärft, die aggressiv mit erschwinglicheren E-Modellen auf den europäischen Markt drängen, bei denen lokale Hersteller preislich kaum mithalten können. Die Automobilhersteller argumentieren, dass eine Beschleunigung des Ausstiegs ohne ausreichende Marktreife das Risiko birgt, erhebliche Marktanteile an diese ausländischen Akteure abzutreten.

Um diese Herausforderungen zu meistern, plädieren die Hersteller für mehr Flexibilität in der Politik. Ihre Vorschläge umfassen die Verlängerung der Betriebszeit von „Range Extendern“ – kleinen Benzinmotoren, die die Batterie eines Autos laden – und mehr Zeit für die Einführung von Hybridtechnologien. Sie fordern außerdem weiterhin Subventionen für Elektrofahrzeuge und weniger strenge Sicherheitsvorschriften für kleinere Fahrzeuge. Die Hersteller betonen, dass es bei diesen Anpassungen nicht darum geht, Klimaziele aufzugeben, sondern Europa die nötige Zeit zur Anpassung zu geben, ohne seinen vitalen Automobilsektor zu gefährden oder die Marktführerschaft unbeabsichtigt an ausländische Konkurrenten abzugeben.

Regulierungsstillstand und weitreichendere Implikationen

Umgekehrt bleiben die EU-Regulierungsbehörden und Umweltorganisationen standhaft und argumentieren, dass jede Verwässerung des 2035-Ziels Europas Glaubwürdigkeit in Sachen Klimaschutz ernsthaft untergraben würde. Ein solcher Schritt, warnen sie, könnte gemischte Signale an Investoren senden, die Innovation im Bereich sauberer Technologien verlangsamen und das Engagement des Kontinents für die Dekarbonisierung gefährden. Der Automobilsektor wird als entscheidendes Schlachtfeld in der umfassenderen EU-Strategie zur Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen betrachtet, wobei der Übergang Millionen von Arbeitsplätzen und komplexe Lieferketten in Deutschland, Frankreich und Italien betrifft. Eine vorzeitige Umstellung, so räumen sie ein, könnte diese Lieferketten stören, doch Verzögerungen bergen das Risiko, dass Europa im globalen Rennen um grüne Technologien weiter zurückfällt.

Die Europäische Kommission überprüft derzeit ihre Klimaziele für den Automobilsektor für 2030 und 2035, wobei mögliche Änderungen für nächstes Jahr geplant sind. Ein bevorstehendes Treffen in Brüssel zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Branchenführern wird voraussichtlich angespannt sein, da Automobilhersteller und Zulieferer mehr Zeit, Flexibilität und geringere regulatorische Belastungen fordern werden. Diese automobil-spezifische Debatte findet im Rahmen einer größeren, kontroversen Diskussion über Europas gesamte Klimastrategie statt, einschließlich eines vorgeschlagenen 90-prozentigen Emissionsabbaus bis 2040, der bereits auf unterschiedliche Meinungen und Forderungen nach Zugeständnissen von Mitgliedstaaten wie Frankreich und Italien gestoßen ist.

Letztendlich intensivieren Europas Automobilgiganten trotz öffentlicher Bekenntnisse zur Elektrifizierung ihre Bemühungen hinter den Kulissen, das Tempo des Verbrennungsmotor-Ausstiegs zu dämpfen. Diese Dynamik hat die Bühne für einen hochriskanten Lobbykonflikt zwischen einigen der mächtigsten Industrieunternehmen Europas und seinem Regulierungsrahmen bereitet, bei dem erhebliche wirtschaftliche und ökologische Folgen auf dem Spiel stehen.

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